Über die Kunst des Nachhakens: Warum auch kleinste Irritationen geklärt werden wollen

14. Januar 2019, geschrieben von 

Ein typischer Moment meiner Arbeit: Irritiert halte ich kurz inne. Irgendetwas passt nicht so zusammen, wie ich es mir vorgestellt habe. Wenn es mir gelingt, versuche ich solchen Irritationen nachzuspüren. Denn oft verweisen sie auf kleine Stolperfallen meiner Arbeit. Das gelingt mir mal besser (siehe mein Beitrag zur Auftragsklärung), mal weniger gut.

Neulich erhielt ich eine Anfrage für die Moderation einer Veranstaltung. Auftraggeber war ein Kunde, für den ich bereits öfters gearbeitet hatte.

Die Anfrage kam kurzfristig in einer knapp gehaltenen E-Mail. Die Veranstaltung sei bereits detailliert von einer Arbeitsgruppe geplant worden. Zur weiteren Abstimmung solle ich mich an Frau Windisch wenden, die in der vorbereitenden Arbeitsgruppe sei.

Die Veranstaltung war sehr gut vorbereitet. Kern sollten mehrere Arbeitsphasen mit Kleingruppenarbeit sein. Allerdings sollten die Teilnehmerinnenbeiträge diesmal nicht auf Moderationskarten festgehalten werden, sondern auf Backpapier. Ich stutzte und fragte nach: Warum Backpapier? Das sei diesmal so gewollt, sagte mir Frau Windisch. Die Teilnehmer sollten an Tischen sitzen und dort solle Backpapier liegen. Ich fragte nochmal nach, wie genau das gedacht sei. Sollten die Beiträge dann aufgehängt werden? Frau Windisch antwortete ausweichend. Und wir verblieben, dass sie diesen Punkt nochmal mit der Arbeitsgruppe klären wolle.

Im Nachgang bekam ich dann eine E-Mail, in der sie mir nochmal bestätigte, dass Backpapier zur Visualisierung genutzt werden solle. So stehe es auch im Protokoll. Warum ausgerechnet Backpapier? Anstatt erneut nachzuhaken, sagte ich mir, naja, dann halt auf Backpapier, und überlegte, wie ich es strukturieren und dokumentieren würde.

Am Tag der Moderation fragte ich nach dem Backpapier. Kurzes Schweigen, irritierte Blicke, eine kurze Beratung und dann die Antwort: Es gibt kein Backpapier. Es handelte sich um Packpapier für die Metaplanwände. Der Fehlerteufel hatte sich wohl ins Protokoll geschlichen. Das Packpapier hatte das letzte Mal gefehlt und war nun mitbedacht worden.

Zu einem ersten, inneren Schmunzeln angesichts der hartnäckigen Verwechslung gesellte sich eine Spur Ärger über mich selbst. Hatte mich doch von Beginn an ein leises Gefühl beschlichen, dass hier etwas nicht stimmen könne. Einmal mehr nehme ich mir vor, das nächste Mal noch sorgfältiger nachzuhaken. Vielleicht geht es dann nicht nur um Packpapier, sondern um einen wichtigen Punkt im Konflikt.

Letzte Änderung am 23. Januar 2019
Sascha Kilburg

… ist mit Kilburg Consulting selbstständig und als Coach, Teamentwickler und Mediator unterwegs. Menschen im Dialog zu begleiten, denen inner- und zwischenmenschlichen Herausforderungen bei der Bewältigung von beruflichen Aufgaben im Wege stehen, spiegelt sein Selbstverständnis wider. Er mag es, seine Arbeit einem kritischen Blick zu unterwerfen, Neues zu erlernen und Erlerntes zu teilen. Als Autor von Fachartikeln und E-Learning-Trainings beschäftigt er sich mit den Themen Kommunikation, Beratung und Mediation. In seinen 10 Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Hamburg lag sein Forschungsschwerpunkt auf der Vermittlung von Kommunikation und Beratung - digital wie analog.

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