Vor Ort genügt dafür i. d. R. eine Stellwand oder ein Flipchart mit einer vorbereiteten Tabelle. Online benötigt man mehr Vorbereitung und passende Werkzeuge – dafür ist die Auswertung schneller und einfacher. Ich beschreibe in diesem Beitrag anhand eines Praxisbeispiels, worauf es dabei ankommt und mit welche Werkzeugen die Umsetzung gelingen kann.
Ziel und Vorbereitung
Das Ziel der Mediation bestand darin, Vorschläge zur Verbesserung der Kommunikation zwischen zwei Abteilungen einer Organisation zu sammeln und sich auf einen Maßnahmenkatalog zu einigen. Die Gruppen waren mit fünf bzw. zehn Mitgliedern unterschiedlich groß. Für die Erläuterung und Durchführung der Methode hatten wir zwei Stunden eingeplant.
Um die Online-Sitzung möglichst effizient zu halten, haben wir die Teilnehmer*innen gebeten, sich vorab innerhalb ihrer Gruppen zu treffen und uns jeweils fünf Maßnahmen per E-Mail zukommen zu lassen, die aus ihrer Sicht zur Verbesserung der Kommunikation zwischen den Abteilungen beitragen könnten.
Damit die Bewertung der Lösungsalternativen nicht durch die unterschiedlichen Gruppengrößen verzerrt wird, haben wir das Verfahren zunächst innerhalb der Gruppen durchgeführt und danach die gemittelten Ergebnisse in der Gesamtgruppe diskutiert.
Das Systemische Konsensieren haben wir mit Hilfe von Online-Tabellen umgesetzt. Zu diesem Zweck haben wir auf CryptPad Tabellen angelegt und den Zugang per Passwort reglementiert. Die Daten auf CryptPad sind verschlüsselt und das Werkzeug kann kostenfrei genutzt werden. Die Tabellen können bei Bedarf auch in Excel oder anderen Tabellenkalkulationsprogrammen vorbereitet und auf CryptPad hochgeladen werden.
Umsetzung
Nachdem wir den Mediant*innen das Verfahren im virtuellen Meeting erläutert hatten, arbeiteten wir mit beiden Abteilungen getrennt in zwei virtuellen Kleingruppenräumen mit jeweils einem Mediator. Innerhalb der Kleingruppen erhielten die Teilnehmer*innen jeweils einen Link zu ihrer Online-Tabelle.
Die Tabelle besteht aus zwei Mappen. In der Mappe „Vorschläge“ haben wir die vorab per E-Mail eingereichten Maßnahmen eingetragen. Ähnliche Vorschläge wurden zusammengefasst. Um die Zugehörigkeit der eingereichten Vorschläge der Abteilungen zu bewahren, haben wir die einzelnen Aspekte einer Maßnahme in der Mappe farblich markiert (siehe „Tabelle der Gruppe 1“) .
Tabelle der Gruppe 1 (Demo in Cryptpad)
In der Mappe „Bewertung“ (s. u.) wurden die Eingaben aus der Mappe „Vorschläge“ über eine Excel-Formel automatisch übertragen, jedoch ohne die farbliche Markierung, damit die Gruppen sich nicht auf Einzelaspekte „ihrer“ jeweiligen Vorschläge konzentrieren. Die Namen der Gruppenmitglieder haben wir vorab in die Tabelle eingetragen und die Teilnehmer*innen gebeten, die Vorschläge von 0 (keinerlei Ablehnung) bis 10 (maximale Ablehnung) zu bewerten.
Tabelle der Gruppe 1
Aus den Eingaben der einzelnen Gruppen wurden automatisiert Widerstandspunkte sowie ein Mittelwert berechnet. Die Akzeptanz berechnet sich wie folgt:
Akzeptanz in Prozent = |
|
Den Grad der Akzeptanz haben wir in dieser Phase noch nicht diskutiert. Da jede/r Teilnehmer*in die Maßnahmenvorschläge individuell bewerten konnte, waren keine Abstimmungsprozesse innerhalb der Gruppe erforderlich. Wir konnten allerdings nicht ausschließen, dass sich Teilnehmer*innen an den Bewertungen anderer Gruppenmitglieder orientieren.
In einer Pause haben wir die Mittelwerte der Gruppen aus Zeile 13 in eine Gesamttabelle überführt (s. u.). Wir haben deutlich gemacht, dass die aggregierten und gemittelten Werte keine Vorabentscheidung darstellen, sondern als Grundlage für unsere Diskussion dienen.
Tabelle mit den Werten der Gruppe 1 und Gruppe 2 (Demo in Cryptpad)
Aufgrund der knappen Zeit haben wir nicht jeden Aspekt einzeln diskutiert, sondern uns auf die umstrittenen Maßnahmen fokussiert, bei denen sich die Bewertungen beider Gruppen stark unterschieden. Das traf in diesem Beispiel auf die Maßnahme 2 zu. Maßnahmen 3 bis 5 schienen für beide Seiten akzeptabel zu sein, während Maßnahme 1 von beiden Seiten eher abgelehnt wurde.
Rückblickend hat sich dieses Vorgehen für uns bewährt. Die Gruppe konnte zügig einen Überblick über die Haltung zu den verschiedenen Maßnahmen und den noch nötigen Diskussionsbedarf erhalten. Der koordinative Aufwand und die Vorbereitung sind allerdings nicht zu unterschätzen und das technische Vorgehen bedarf einer klaren und ausführlichen Einführung in die Methode und Technik. Dafür entfiel die Berechnung am Flipchart. Ob die Mittelung der Werte von unterschiedlich großen Gruppen als „fair“ empfunden wird, sollte man, so unsere Empfehlung, vorab mit den Teilnehmer*innen besprechen.
Gastbeitrag von Matthias Otto, KoMeT. e.V.