„Gemeinsam in einem Boot“, so würde ich die Situation vieler meine Kollegen zusammenfassen. Wenig Aufträge, Umstellung aufs Digitale, Unsicherheit darüber, wie es weiter geht, aber auch viele neue Ideen. Dabei zeichnet sich ein Bild ab, das aus meiner Sicht zumindest für die Zeit der Krise, vielleicht auch darüber hinaus die Art unserer Arbeit verändert. Vieles was bislang Face-to-Face stattfand, wird nun digital – auch solche Veranstaltungen, bei denen das früher undenkbar erschien. Geradezu magisch, was plötzlich möglich ist.
Ich finde es beeindruckend, wie Kolleginnen und Klienten offen, flexibel und tolerant mit dieser genau genommen nicht ganz so neuen Herausforderung umgehen: Konzentrationsschwächen beim Arbeiten, Überforderung mit der Technik, komplette Technik-Legasthenie dürfen benannt werden und stoßen auf Verständnis. Technische Probleme bedeuten kein aus fürs Digitale. Man beißt sich durch, man hilft sich, und selbst zerstrittene Konfliktparteien leisten sich im Vorfeld einer Online-Mediation Technik-Starthilfe. Probleme, die früher zur Abkehr vom Digitalen geführt hätten, werden nun hartnäckig und oftmals gemeinsam bewältigt.
Die Lernkurve ist steil. Diesen Satz höre ich derzeit häufiger. Und in der Tat, obwohl ich mich seit vielen Jahren mit digitalen Formaten in Training und Beratung auseinandergesetzt habe, musste auch ich mich noch nie in so kurzer Zeit in so viele Tools einarbeiten – denn häufig trifft mein Auftraggeber die Wahl, welches Tool verwendet wird. Mir bleibt dann nur, mich in Windeseile einzuarbeiten.
Es ist verständlich, dass Unternehmen die Tools nutzen, die als Standard im Unternehmen etabliert sind. Gleichwohl ist das für mich nicht immer befriedigend, denn nicht alle Tools sind gleichermaßen geeignet. Es ist ein wenig so, als würde man mir vorschreiben, ob ich mit PowerPoint oder Flipchart arbeite. Beides funktioniert, aber jedes Tool hat seine eigenen Stärken, die ich eigentlich gezielt nutzen möchte. Zugleich gibt es gute Gründe, dass sich nicht zwanzig Teilnehmerinnen in ein neues Tool einarbeiten müssen. Es bleibt also stets ein Spannungsfeld zwischen der Wahl des „besten“ Werkzeugs und einem gewissen Pragmatismus. Doch so wie es nun Teil meiner Dienstleistung ist, mich flexibel in die Tools der Unternehmen einzuarbeiten, sollte es Teil meines Angebots sein, bei Bedarf einen gerüsteten Werkzeugkoffer mitzubringen.
Bei Moderation, Mediation und Coaching scheinen sich synchrone Videokonferenzen als Alternative zur Präsenz herauszukristallisieren. Während es bei der Kommunikationsform also eine klare Präferenz zu geben scheint, konnte ich bislang bei Visualisierung und partizipativer Zusammenarbeit keine klare Linie ausmachen. Gerade bei der Arbeit mit Gruppen macht der Einbezug aller bei vielen Kollegen einen charakteristischen Teil ihrer Arbeit aus. Somit stellt sich die Frage, wie wir als Moderatorinnen, Mediatoren und Coaches gut visualisieren und die Klienten mit eigenen Beiträgen einbinden können. Was sind Ansätze und Hilfsmittel, um Flipchart und Moderationsmethode ins Netz zu verlagern?
Einen Einblick in mögliche Lösungen, die mir bislang über den Weg gelaufen sind, werde ich in weiteren Beiträgen geben. Natürlich bin ich – wie auch die andere hier im Blogteam – neugierig, wie Sie in der Krise arbeiten und die Herausforderungen angehen. Wenn Sie Anregungen und Lösungen teilen möchten, freue ich mich über Ihren Kommentar!