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…es ist so eine Sache mit den Gefühlen in Mediationen. Immer wieder spüre ich bei den Medianten eine gewisse Unsicherheit, wenn es um Gefühle geht. Gerade zu Anfang mancher Mediationsprozesse höre ich von Medianten Sätze wie „Aber wir wollen doch hier sachlich bleiben“ oder „Aber es soll ja nicht privat werden“. In der Begrüßungsrunde wird manchmal angekündigt: „Ich habe mir fest vorgenommen, nicht zu weinen/nicht laut zu werden“. Oder es kommt, mittendrin unter Tränen, der Satz „Aber ich wollte doch nicht weinen!“. Genau so passiert es manchmal am Ende, dass jemand auf mich zukommt und sich dafür bedankt, dass es so gut geklappt hat, „auch wenn ich ja doch die Kontrolle verloren habe“. Sowohl die Tränen als auch die Wutausbrüche werden oft von einer Entschuldigung begleitet. Noch nie hat sich aber jemand bei mir dafür entschuldigt, dass er oder sie während der Mediation zu lieb oder zu freundlich war. Wir versuchen anscheinend, unsere starken Gefühle zu verbergen und zu kontrollieren; und wenn es uns nicht gelingt, entschuldigen wir uns.

Bei vielen gehörten Worten rattert in den Köpfen unbewusst sofort eine Assoziations- und Interpretationsmaschinerie los… Als Psychologin mache ich mir bewusst, dass sofort bestimmte „frames“ getriggert werden: Worte können so blitzschnell zu empfundenen Abwertungen, Verharmlosungen oder Diskriminierungen werden. Für mich als Mediatorin bedeutet dies, insbesondere bei eskalierten, identitätsbasierten Konflikten meine Worte sehr bewusst zu wählen, um im Sinne der Wahrung meiner Allparteilichkeit möglichst für alle Beteiligten neutrale Formulierungen zu nutzen.

"Als Mediator darf nicht tätig werden, wer vor der Mediation in derselben Sache für eine Partei tätig gewesen ist. Der Mediator darf auch nicht während oder nach der Mediation für eine Partei in derselben Sache tätig werden." 

§3, Absatz 3, MediationsG

Klar und deutlich schreibt der Gesetzgeber hier vor, dass wir als Mediatoren in einem Streitfall nicht für nur eine Konfliktpartei tätig sein dürfen – weder davor, während, noch nach der Mediation. Die Allparteilichkeit wurde vom Gesetzgeber als hohes Gut der Mediation festgeschrieben. Diese Regelung gilt gleichermaßen für Kollegen, mit denen man berufliche direkt verbunden ist, wie beispielweise in einer Bürogemeinschaft.