Im Alltag ist das jedoch manchmal leichter gesagt als getan: Wenn an einer Schule die einen von den „Brötchenmüttern“ sprechen, weil alle freiwilligen Elternteile, die in den Pausen Brötchen verkaufen, nun einmal Mütter sind, die anderen sehr betont von „Brötcheneltern“, weil sie die Formulierung „Brötchenmütter“ als sexistisch empfinden und dem aktiv etwas entgegen setzen wollen, dann kann ich als Mediatorin recht neutral vom „Brötchenverkauf“ sprechen und damit weder die Sprache der einen noch der anderen Fraktion übernehmen.
Wie aber gehe ich damit um, wenn beispielsweise Anwohnende in einer Versammlung ihre zukünftigen Nachbarn als „Refugees“, „Flüchtlinge“ und „Asylanten“ bezeichnen und diese Worte ihres Beiklangs wegen vermutlich sehr bewusst wählen? Nach einigen Eiertänzen und Hirnverdrehungen bin ich mittlerweile dazu übergegangen, den „Stier bei den Hörnern zu packen“ und das Thema der Wortwahl bei Bedarf frühzeitig selbst zu setzen: „Sie verwenden sehr unterschiedliche Worte für die Menschen, die die Kommune in ihrer Nachbarschaft unterbringen möchte. Meiner Vermutung nach sind einige dieser Bezeichnungen für unterschiedliche Personen hier im Raum Reizwörter. Deshalb möchte ich mich mit Ihnen gemeinsam für die Moderation gern auf ein Wort einigen, mit dem alle im Raum leben können.“
Mit diesem Vorgehen habe ich in den letzten Jahren sehr schöne Erfahrungen gemacht: Im lebendigen Austausch über empfundene Wortbedeutungen entstehen erste Brücken des Perspektivwechsels und Verständnis füreinander. Und mit diesem gemeinsamen Wort - und sei es zunächst einmal nur für die Dauer der Moderation - wird ein erster Konsens errungen, der verdeutlicht, dass es möglich ist, sich als Gruppe zu einigen.