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Vieles ist im virtuellen Raum grundlegend anders. Deshalb habe ich bei mir selbst und auch bei Kolleg*innen anfänglich großes Zögern erlebt, weil online schlicht vieles nicht so funktioniert wie in einem realen Raum. Da ruckelt das Bild, da hallt die Stimme, die Visualisierung ist nicht so einfach. Für die digital affinen Menschen unter uns ist das kein Problem: Eine Kollegin hat – schwupps! – eine zweite Kamera installiert, und alle können die handgeschriebenen Karten auf dem geteilten Bildschirm sehen. Ich hingegen weiß nicht einmal, wie ich eine Kamera an meinem Rechner installiert bekomme! Ein Kollege erzählte mir nebenbei, dass er seine Internetverbindung jetzt natürlich mal perfektioniert habe, damit das stabil machbar ist. Ich konnte nur bewundernd nicken…

Das klassische Vorgehen sieht ja bei der Klärung von Hintergründen zu einem Konfliktpunkt einen sachbezogenen Ablauf vor: 

 

  1. Störung (Fakten, Handlungen), 
  2. ausgelöste Gefühle, 
  3. enttäuschte Bedürfnisse, verletzte Werte, 
  4. konkretisierte Interessen. 

Auf den Interessengegensätzen bauen dann die Sammlung von kreativen Ideen zu Maßnahmen sowie das Aushandeln von Modifikationen strittiger Maßnahmen auf.

…es ist so eine Sache mit den Gefühlen in Mediationen. Immer wieder spüre ich bei den Medianten eine gewisse Unsicherheit, wenn es um Gefühle geht. Gerade zu Anfang mancher Mediationsprozesse höre ich von Medianten Sätze wie „Aber wir wollen doch hier sachlich bleiben“ oder „Aber es soll ja nicht privat werden“. In der Begrüßungsrunde wird manchmal angekündigt: „Ich habe mir fest vorgenommen, nicht zu weinen/nicht laut zu werden“. Oder es kommt, mittendrin unter Tränen, der Satz „Aber ich wollte doch nicht weinen!“. Genau so passiert es manchmal am Ende, dass jemand auf mich zukommt und sich dafür bedankt, dass es so gut geklappt hat, „auch wenn ich ja doch die Kontrolle verloren habe“. Sowohl die Tränen als auch die Wutausbrüche werden oft von einer Entschuldigung begleitet. Noch nie hat sich aber jemand bei mir dafür entschuldigt, dass er oder sie während der Mediation zu lieb oder zu freundlich war. Wir versuchen anscheinend, unsere starken Gefühle zu verbergen und zu kontrollieren; und wenn es uns nicht gelingt, entschuldigen wir uns.