Im Laufe einer Mediationsausbildung wird erfahrungsgemäß eine weitere Frage für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer immer relevanter: Wie gelingt es ihnen, nicht nur im Seminar, im Rollenspiel, im besonderen Schutzraum von Übungen, das gelernte Handwerkszeug anzuwenden? Wie kommen sie an die „echten“ Konflikte im realen Leben, draußen in der Wirklichkeit? Wann können sie endlich „richtig mediieren“?
Kreative Ideen werden ausgeheckt, Mundpropaganda betrieben, schöne Flyer verteilt – erste Anbahnungsgespräche laufen, über zwei bis drei Ecken tauchen erste Möglichkeiten am Horizont auf. Doch nicht selten zerplatzen sie wieder wie Seifenblasen: So schlimm sei es doch nicht. Man wolle es erst einmal weiter so versuchen. Nein, der andere wolle partout nicht – leider nichts zu machen. Die Teilnehmenden berichten das in einer Mischung aus Enttäuschung und Unverständnis. Wie kann man sich diese Chance für eine Klärung, für eine Unterstützung entgehen lassen? Ja, wie eigentlich?
Vielleicht hilft auch da der Wechsel der Perspektive: Wann war ich zuletzt Partei in einer Mediation? War ich es je? Warum eigentlich nicht? Welcher meiner Konflikte hätte denn – in der Rückschau betrachtet – von einer Mediation profitiert? Wie hätte ich reagiert, wenn unverhofft ein Mediationsangebot des Weges gekommen wäre? Was hätte mich zusagen oder zögern lassen? Was wäre aktuell das, was ich in eine Mediation einbringen würde? Könnte ich mein Gegenüber ohne Weiteres davon überzeugen, dass wir uns in eine Mediation begeben? Was, wenn jemand auf mich zukäme mit der Idee, für unsere weitere Auseinandersetzung Unterstützung dazu zu holen?
Mich machen diese Fragen regelmäßig vorsichtiger, ja bescheidener im Bewerten von Absagen an die Mediation. Und Sie?