Die konkrete Umsetzung dieser Selbstverständlichkeit ist allerdings nicht ganz trivial – über die Unklarheiten zum Setting der Supervision (Einzelsupervision, Einzelfallsupervision in Gruppen, Gruppensupervision… was denn nun?!?) habe ich bereits an anderer Stelle geschrieben. Hat man den Rahmen der Supervision für sich geklärt, gilt es, die richtige Person für die Supervision zu finden. Nur: Wer ist die richtige Person? Und gelten eigentlich bestimmte Anforderungen an Supervisor*innen für Mediator*innen?
Ganz unabhängig von formalen Regelungen spielt für mich als Mediatorin fachlich und menschlich eine Rolle, dass ich mir ein Gegenüber als Supervisor*in wünsche, das erfahren und versiert darin ist, Menschen mit persönlichen und beruflichen Themen fundiert und unterstützend zu begleiten – mit offenen Ohren, wachem Verstand, breitem Horizont, einem grundlegenden Verständnis für die Mediationstätigkeit und das, was sie typischerweise von Mediator*innen erfordert, und einem guten methodischen Repertoire dafür, dass ich mit meinen Fragen und Anliegen einen Schritt weiter kommen kann. Sei es, indem ich besser verstehe, was in der betreffenden Situation eigentlich los war – mit den Beteiligten, mit mir, mit der Dynamik, im Setting, bei diesem Auftrag. Sei es, indem ich mir neue Handlungsperspektiven für zukünftige Situationen eröffne. Oder sei es „nur“, dass ich einen besseren Frieden mit dem Geschehenen finden kann.
Diese Person muss – jedenfalls nach meinen persönlichen Erwartungen – nicht selbst Mediator*in sein, jedoch Grundprinzip und Arbeitsweise der Mediation kennen. Mir tut es gut, wenn diese Person erfahren ist im Umgang mit komplexen Gesprächssituationen und zwischenmenschlichen Entwicklungsprozessen. Und wenn sie – natürlich nur an den „richtigen“ Stellen… – auch ein humorvolles Augenzwinkern in petto hat, um Leichtigkeit in schwierige Reflexionen zu bringen.
Daneben gibt es formale Regelungen – und die unterscheiden sich wiederum danach, ob ich als Mediator*in bei einem Verband lizenziert bin oder an die Anforderungen von Mediationsgesetz und Ausbildungsverordnung gebunden bin, weil ich den Titel „zertifizierte Mediatorin“ führen möchte. In der Regel legen die Mediationsverbände bestimmte Anforderungen an die Qualifikation von Supervisor*innen fest. So fordert der Bundesverband Mediation beispielsweise, dass Supervision mit Hilfe von Ausbilder*innen, die beim BM lizenziert sind, oder von Supervisor*innen erfolgt. Letztere müssen eine abgeschlossene Zusatzausbildung in Supervision und eine Mediationsfortbildung von mindestens 30 Stunden vorweisen. Der Titel „Supervisor*in“ ist allerdings selbst nicht geschützt; bestimmte verbandliche Anerkennungen für Supervision – etwa seitens der Deutschen Gesellschaft für Supervision und Coaching (DGSv) oder der Systemischen Gesellschaft (SG) – sind hier nicht explizit genannt. Für die erstmalige Lizenzierung als Mediator*in BM muss ich fünf Mediationsfälle mit einem Gesamtumfang von mindestens 25 Stunden dokumentieren, die sämtlich in Einzelsupervision bearbeitet worden sind. Für eine Re-Lizenzierung (die im Abstand von fünf Jahren fällig wird) sind erneut 5 Fälle zu dokumentieren – diese können wahlweise in Supervision oder in Intervision reflektiert worden sein.
Führe ich den Titel „zertifizierte Mediatorin“ gelten die Anforderungen der entsprechenden Verordnung (ZMediatAusbV). Dort wird festgelegt, dass zum Führen des Titels neben der entsprechenden Ausbildung eine in Einzelsupervision reflektierte Mediation nötig ist (die spätestens innerhalb eines Jahres nach dem Abschlussmodul der Ausbildung stattgefunden haben muss; zur mittlerweile eingeführten Option von Fristenverlängerungen siehe meinen entsprechenden Beitrag). In den darauf folgenden zwei Jahren ab Führen des Titels sind weitere vier Einzelsupervisionen zu absolvieren. Über den zeitlichen Umfang dieser Mediationen wird – anders als beim Bundesverband Mediation – keine Aussage getroffen. Zur Verwunderung vieler enthielt die Verordnung keinerlei direkt auf die Supervisor*innen bezogenen fachlichen Anforderungen – was zu vielen leicht belustigten Phantasien von angehenden Mediator*innen führte, wer alles in ihrer persönlichen Umgebung mal als Supervisor*in fungieren könnte (Nachbar? Eltern? Partner*in?). Zugleich war allen bei diesen Phantasien klar, dass der fachliche Gewinn dann möglicherweise zweifelhaft wäre…
Die schon in anderen Blogbeiträgen erwähnte Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP zum Thema „Transparenz und Qualitätssicherung in der Mediation“ im Herbst 2019 offenbarte dann, dass der Gesetzgeber durchaus davon ausgeht, in der Verordnung Anforderungen definiert zu haben. Da Supervision in der Verordnung durchweg als Fortbildung verstanden wird, gelten die Anforderungen, die für Anbieter*innen von Fortbildungen formuliert wurden. Das bedeutet, dass Supervisor*innen jedenfalls über einen berufsqualifizierenden Abschluss einer Berufsausbildung oder eines Hochschulstudiums und „über die jeweils erforderlichen fachlichen Kenntnisse“ verfügen müssen (Zitat aus § 5 der Verordnung). Was immer das dann genau für Supervision von Mediation heißt…
Je nach eigener professioneller Verortung als verbandlich lizenzierte, zertifizierte oder ganz unabhängige Mediatorin hat man also eine unterschiedlich freie Wahl – und dennoch lässt sich sicherlich unter jeder Bedingung genau die richtige Person als Supervisor*in finden!
Worauf achten Sie denn bei der Suche?