Diese Unsicherheit kann verschiedene Gründe haben: Manchmal ist die Konfliktlage noch sehr diffus – es ist vielleicht allenfalls zu erahnen, um was es inhaltlich eigentlich geht und wer überhaupt als Beteiligte und/oder Betroffene zu verstehen ist. Möglicherweise ist noch gar nicht klar, ob die entsprechenden Personen überhaupt zu einer Konfliktbearbeitung bereit wären. Oder die verschiedenen Verfahrensoptionen sind nicht oder nur teilweise bekannt: Was genau ist eine Mediation? Wie unterscheidet sie sich von einer Moderation? Ist vielleicht erst einmal eine Einzel-Konfliktberatung das beste? Oder doch eine Supervision?
In einer solchen Situation ist es gut, gemeinsam mit der anfragenden Person erst einmal zu sortieren: Was ist schon klar und was noch unklar? Was müsste noch geklärt werden, um eine kluge Verfahrensentscheidung zu treffen? Was lässt sich schon jetzt informierend und verallgemeinernd darüber sagen, wie sich Mediation, Moderation, Supervision und Coaching unterscheiden – und was mögliche Weichenstellungen dafür sein könnten, ob eher das eine oder das andere empfehlenswert erscheint?
Auch wenn ich als Mediatorin und Supervisorin diese beiden Bereiche sehr viel besser kenne als beispielsweise das Feld des Coachings und der Organisationsentwicklung habe ich den Anspruch, zumindest auf der Ebene einer ersten Verfahrenswahl gut beraten zu können – und würde mir wünschen, dass das auch noch stärker ins berufliche Selbstverständnis all dieser Tätigkeiten einfließt. Das hieße für mich auch, dass es idealerweise ein Teil der Ausbildung wäre, zumindest in Grundzügen über angrenzende Prozesse im Bilde zu sein, damit wir Auftraggeber*innen kundig orientieren können.
In meiner Ausbildung kam das nicht vor; meine eigenen Orientierungsmarken bei der Verfahrenswahl haben sich im Lauf der beruflichen Erfahrung und insbesondere im Austausch mit Kolleg*innen mit jeweils etwas anderen Schwerpunkten ergeben. In einem Artikel unter der Überschrift „Wir suchen eine Mediatorin, die uns coacht…“, der im Oktober 2021 als öffentlich zugänglicher Volltext in der Zeitschrift „Organisationsberatung, Supervision und Coaching“ erschienen ist, habe ich meine Perspektive zusammengefasst. Dabei geht es unter anderem um den Kreis der Beteiligten und deren Klärungsbereitschaft, um den Stellenwert der direkten Arbeit am Konflikt, um das (ehe enge oder weite) Konfliktverständnis und nicht zuletzt um bestimmte Rahmenbedingungen wie etwa die Freiwilligkeit.
Ich bin überzeugt: Bei der Verfahrensberatung können wir gemeinsam noch besser werden – zum Nutzen von Kund*innen. Und zu unserem jeweils eigenen Nutzen – denn kluge Verfahrensentscheidungen erhöhen schließlich die Chance, gute und wirksame Arbeit machen zu können!