Verhalten im Konflikt: Was bedeutet das nun wieder?

25. Mai 2017, geschrieben von 

Angeregt durch Mettes Text über die „nützlichen Missverständnisse, sind mir zwei Modelle eingefallen, die mir in meiner Arbeit hilfreich sind. In ihrem Beitrag beschäftigt sie sich mit der Frage: „Was bei Missverständnissen sonst noch gemeint sein könnte?“ Wenn ich selbst dieser Frage nachgehe, um dem Geheimnis eines Missverständnisses auf die Spur zu kommen, hilft mir ein weiteres Denkmodell.

Es könnte eine dieser Situationen sein, in der sich eine Konfliktpartei – nennen wir sie Frau Meyer – mit verschränkten Armen zurückgelehnt, äußerst wortkarg ist und mich kritisch beäugt. Bei mir stellen sich leise Zweifel ein, ob Frau Meyer mich als Mediator akzeptiert und überhaupt bereit ist, sich in den Prozess einzubringen. Hier hilft es mir, gedanklich einen Schritt zurückzutreten und meine Gedanken nach folgenden Schritten zu sortieren:

  1. Was nehme ich wahr? Was höre, sehe, rieche ich?
    => Sie spricht wenig und in knappen Sätzen, hat ihre Arme verschränkt; sitzt zurückgelehnt, schaut mich an.
  2. Wie interpretiere ich meine Wahrnehmung?
    => Als fehlende Bereitschaft zur Mitwirkung und als Kritik an mir und dem Prozess.
  3. Wie reagiere ich drauf?
    Ich bin leicht verunsichert, gestresst und alarmiert.
  4. Was könnten alternative Interpretationen sein?
    => Sie ist selbst etwas unsicher und wartet erstmal ab.
    => Sie hat es sich bequem gemacht oder friert.
    => Ihre Haltung drückt aus, dass Sie ihrem Konfliktpartner nicht über den Weg traut und selbst prüft was sie - unter diesen Umständen - veröffentlichen möchte.

Die Schritte 1 bis 3 laufen meist blitzschnell und unbewusst ab. Gerade meine Reaktion (Verunsicherung, Stress) führen leicht dazu, dass ich an meiner spontanen Erstinterpretation festhalte. Die Frage, was denn mit der Konfliktpartei los sei, fängt dann an, mich parallel zu beschäftigen, ohne dass ich meine Interpretation hinterfrage.

Mir über diesen Vorgang bewusst zu werden, hilft mir, mich aus diesem Gedankenkreis zu befreien und mich so wieder für neue Perspektiven und Interpretationen zu öffnen.

 

Letzte Änderung am 15. Januar 2019
Sascha Kilburg

… ist mit Kilburg Consulting selbstständig und als Coach, Teamentwickler und Mediator unterwegs. Menschen im Dialog zu begleiten, denen inner- und zwischenmenschlichen Herausforderungen bei der Bewältigung von beruflichen Aufgaben im Wege stehen, spiegelt sein Selbstverständnis wider. Er mag es, seine Arbeit einem kritischen Blick zu unterwerfen, Neues zu erlernen und Erlerntes zu teilen. Als Autor von Fachartikeln und E-Learning-Trainings beschäftigt er sich mit den Themen Kommunikation, Beratung und Mediation. In seinen 10 Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Hamburg lag sein Forschungsschwerpunkt auf der Vermittlung von Kommunikation und Beratung - digital wie analog.

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