In unserem Beruf wird viel geflogen: Einige Kolleg*innen fliegen zu Mediationen, andere wiederum fliegen zu Fortbildungen und Tagungen. Ich möchte hier die Frage stellen, ob das denn wirklich immer die beste unter den vorhandenen Möglichkeiten ist – und Alternativen ohne Anspruch auf Vollständigkeit aufzeigen.
Werde ich beispielsweise für eine Mediation angefragt, bei der die Anreise länger als drei Stunden mit der Bahn dauern würde, dann empfehle ich in der Regel Kolleg*innen aus dieser Region. Es gibt schließlich hervorragende Kolleg*innen in ganz Deutschland – im Westen, Osten und Süden ebenso wie bei uns im Norden. Bislang hat das immer geklappt… auch wenn so manches Mal das große Netzwerk um Hinweise gebeten werden musste, bis ich eine Empfehlung aussprechen konnte.
Nun gibt es manchmal Fälle, in denen ich sehe, dass ich mit meiner spezifischen Erfahrung als Mediatorin einen deutlichen Unterschied machen könnte. Dann überlege ich mir durchaus, eine Ausnahme von meiner persönlichen Drei-Stunden-Regel zu machen und fahre länger mit der Bahn durchs Land. Ich versuche dabei an meinen Kollegen aus München zu denken, der begeistert deutschlandweit arbeitet und die Bahn sein "ruhiges Büro" nennt. Ich persönlich kann im Zug nicht gut konzentriert arbeiten, aber ich kenne so einige Kolleg*innen, die davon mittlerweile sehr überzeugt sind. Ich dagegen habe es aufgegeben und lese stattdessen in Ruhe ein (Fach-)Buch.
Ich habe in den letzten Jahren durchaus Fortbildungen bei internationalen Kolleg*innen besucht und schätze diesen Austausch sehr. Allerdings fanden diese Seminare nicht in Nigeria, Israel und den USA statt, sondern hier in Hamburg. Die meisten davon selbstorganisiert, was zweifelsohne mit einem gewissen Aufwand verbunden ist. So manches Mal waren die Fortbildner*innen anschließend auch noch in Berlin, München oder Köln, um auch dort ihr Wissen zu teilen.
Auch wir werden manchmal international für Fortbildungen angefragt. Hier stellt sich für mich die Frage, ob und wie diese Fortbildungen als Multiplikator*innen-Fortbildungen angelegt werden können, damit das Wissen zukünftig im Land selbst weiter verbreitet werden kann.
Ich möchte mich anhand dieser Beispiele nicht generell gegen jedes berufsbedingte Fliegen aussprechen, sondern würde mich über eine mediative Abwägung zwischen der Verantwortung für unsere Umwelt einerseits und dem Mehrwert für die Gestaltung eines konstruktiven Miteinanders andererseits freuen. Und ich würde mich besonders freuen, wenn einige Leser*innen diesen Beitrag zum Anlass nehmen würden, ihre eigene berufliche Ökobilanz einmal zu überdenken und kreativ nach Alternativen zu suchen…