Konflikthafte Geschenke: Wie auch gute Absichten in den Abgrund führen können

22. August 2018, geschrieben von 

"Es war das Erbstück meiner Mutter, aber er hat nicht mal Danke gesagt".

 

Es kann ein teuflischer Pakt sein: Auf der einen Seiten ein Wohltäter, der großherzig, zugleich nicht immer selbstlos, Gutes tut. Auf der anderen Seite der Beschenkte und Nutznießer, der vielleicht nichts von seinem Glück ahnend ungefragt beschenkt wird. Mit jedem Akt der Schenkung wird ein weiterer Beziehungsstrang geknüpft. Meist bleibt im Dunklen, welche Konsequenzen aus der Schenkung folgen. Was empfindet und erwartet der Schenkende? Eine Gegenleistung? Dankbarkeit? Freude? Oder erfreut ihn allein seine eigene Großherzigkeit? Wie reagiert der Beschenkte? Freudig und dankbar für diese nette und großzügige Aufmerksamkeit, die Ausdruck und Wertschätzung der guten Beziehung ist? Oder schnürt es ihm die Kehle zu angesichts des ungewollten Geschenks und den damit einhergehenden Verpflichtungen?

Selten wird explizit ausgesprochen, welche Erwartungen mit der Annahme des Geschenkes verbunden sind, gehört doch gerade der Moment der Überraschung zu einem gelungenen Geschenk. Oftmals befeuern später solche unausgesprochene, nicht erwiderte Erwartungen einen Konflikt. Wer mag schon ausdrücklich einfordern, dass der Beschenkte sich doch bitte dankbar zeigen solle. Zeigt sich "echte" Dankbarkeit nicht gerade darin, dass sie ungefragt und von Herzen kommt? Wer ein Geschenk annimmt, sieht sich schnell zu Dank verpflichtet. Und doch traut sich kaum einer, ein liebgemeintes Geschenk mit dem Hinweis zurückzuweisen, dass es ihm mehr Last und Bürde sei. Es ist und bleibt ein heikles Spiel: Gelingt der Akt der Schenkung, ist er Ausdruck einer besonderen Wertschätzung. Misslingt er, kann er die freundschaftliche Verbindung belasten und in Frage stellen. Die Schenkung ist dann nicht Ausdruck einer geteilten, gegenseitigen Wertschätzung, sondern vielmehr Symbol unterschiedlicher Erwartungen.

In der Mediation beschäftigen uns diese nicht erfüllten Erwartungen immer wieder – der Vorwurf der Undankbarkeit steht schnell im Raum. Nicht selten fordern dann Konfliktparteien Dankbarkeit ein, als hätten sie einen Rechtsanspruch darauf – den sie zuweilen tatsächlich haben. Mehr dazu demnächst in einem weiteren Beitrag. Bleibt diese aus, folgen Enttäuschung, Frust und Verbitterung – und eben hin und wieder auch eine Mediation.

Unter Konfliktparteien gibt es oft einen Konsens, dass einem für ein Geschenk Dankbarkeit zusteht. Diese stillschweigend geteilten Norm ist den wenigsten bewusst und wird selten hinterfragt. Für den Beschenkten ist dies häufig eine ambivalente Sache: Verspürt er doch die Verpflichtung sich dankbar zeigen zu müssen, ohne selbst Dankbarkeit zu empfinden.  Hier Licht ins Dunkel zu bringen, Erwartungen des Dankes zu beleuchten, unschöne Wahrheiten zu benennen, ist dann Aufgabe der Mediation.

Letzte Änderung am 13. September 2019
Sascha Kilburg

… ist mit Kilburg Consulting selbstständig und als Coach, Teamentwickler und Mediator unterwegs. Menschen im Dialog zu begleiten, denen inner- und zwischenmenschlichen Herausforderungen bei der Bewältigung von beruflichen Aufgaben im Wege stehen, spiegelt sein Selbstverständnis wider. Er mag es, seine Arbeit einem kritischen Blick zu unterwerfen, Neues zu erlernen und Erlerntes zu teilen. Als Autor von Fachartikeln und E-Learning-Trainings beschäftigt er sich mit den Themen Kommunikation, Beratung und Mediation. In seinen 10 Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Hamburg lag sein Forschungsschwerpunkt auf der Vermittlung von Kommunikation und Beratung - digital wie analog.

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