Schlagwörter
Neueste Artikel
Blog-Team
-
Sascha Kilburg
Zwei Jahre Online-Moderation: Unterschiede im Einsatz analoger und digitaler Moderationswände (0 Kommentare)
-
Kirsten Schroeter
Die Anforderungen an den Titel „Zertifizierte:r Mediator:in“ verändern sich – ein kompakter Überblick über die Pläne (0 Kommentare)
-
Mette Bosse
„Wo findet die Mediation statt?“ - Was Räumlichkeiten zur Mediation beitragen und warum es sich lohnt, flexibel zu bleiben (0 Kommentare)
-
Silke Freitag
Erste Hilfe bei Überforderung der Konfliktbeteiligten: „Jetzt erst mal atmen…“ (0 Kommentare)
-
Alexander Redlich
Was genau lässt eine Kritik eskalierend wirken? Von den Besonderheiten der Ich-, Du- und Man-Botschaften (0 Kommentare)
-
Co-Produktion
Vorhang zu – die Konflikte bleiben uns erhalten! (0 Kommentare)
-
Gastautor:innen
Systemisches Konsensieren: So gelingt es online! (0 Kommentare)
Silke Freitag
… beschäftigt sich als freiberufliche Mediatorin seit über zwanzig Jahren leidenschaftlich mit Konflikten in und zwischen Organisationen sowie im öffentlichen Bereich. Sie vermittelt Handwerk und Kunst der Mediation an der Universität Hamburg sowie der KURVE Wustrow. Sie liebt bei alldem die Balance aus Bewährtem und Neuem. Gemeinsam mit geschätzten Kolleg*innen erprobt sie in Mediation und Ausbildung Neues, verwirft manches und entwickelt anderes weiter. Mit Freude reflektiert sie diese Erfahrungen - sehr gern auch schreibend.
Für die meisten Menschen ist ein Mediationstermin mit psychischem und emotionalem Stress verbunden – vorher, währenddessen und so manches Mal leider auch hinterher.
Den Rahmen akzeptieren und zugleich sprengen – oder: Das Kamel ist und bleibt auf der Alm!
Die lang andauernde pandemische Situation hat es im Hinblick auf Konflikte in Gruppen und Teams wirklich in sich: Einerseits werden die Resilienz-Polster bei allen dünner, die Erschöpfung steigt und die Nerven liegen bei vielen blank, andererseits verschlechtern sich so manche Rahmenbedingungen drastisch.
Nach einem Konflikt den Groll wirklich loszulassen, den Resetknopf zu drücken und einen Neubeginn zu wagen, den Kolleg*innen eine neue Chance zu geben – all das ist so manches Mal leichter gesagt als getan. Rituale können dabei unterstützen, diesen Schritt zu vollziehen.
Kooperation, Entflechtung oder Trennung – welchen Weg wollen die Beteiligten gemeinsam gehen?
Ich werde als externe Mediatorin häufig hinzugezogen, wenn der Konflikt emotional bereits sehr eskaliert ist und es wechselseitig zu schweren Verletzungen gekommen ist. Ich führe in diesen Fällen mit den Beteiligten in der Regel getrennte Vorgespräche und frage sie in diesem Rahmen, welchen Weg sie mit der anderen Konfliktpartei generell gehen möchten: Den Weg der zukünftigen Kooperation, Entflechtung oder einvernehmlichen Trennung.
Wie sieht meine Zukunft als Mediatorin per Videokonferenz aus? – oder: Wann ich sie wirklich zu schätzen gelernt habe
Wie so einige Kolleg*innen habe ich pandemiebedingt – und somit im Grunde unfreiwillig – damit begonnen, Mediationen in den virtuellen Raum zu verlegen. Damals war für mich völlig klar, dass ich vollumfänglich in Präsenz zurückkehren würde, sobald es nur irgendwie möglich sein würde. Videokonferenzen waren für mich ausschließlich ein Hilfsmittel in der Krisenbewältigung.
Im gesellschaftlichen Spannungsfeld von Privilegien und Diskriminierungserfahrungen – was bedeutet dies in der Mediation?
Mediation basiert auf der Gleichberechtigung aller Menschen – egal welcher Herkunft, welchen Geschlechts, welcher sexuellen Orientierung, welcher Religion oder mit Blick auf sonstige Unterschiede. Es ist somit unsere Aufgabe als Mediator*innen, dafür Sorge zu tragen, dass alle Beteiligten in der Mediation einerseits mit Respekt behandelt werden und sich andererseits mit ihren Interessen und Werthaltungen einbringen können.
Bilder und Zuschreibungen zwischen Gruppen: Vier „Zauberfragen“, um Unausgesprochenes hörbar zu machen
In den meisten Fällen, in denen ich zwischen Gruppen mediiere, werde ich zu einem konkreten Sachthema gerufen. Die Beteiligten merken, dass sie sich festgefahren haben und dass das ungelöste Thema mittlerweile auf eine persönliche Ebene gerutscht ist. In einem Unternehmen ist beispielsweise die Stimmung angespannt, wenn Mitglieder der Geschäftsführung und des Betriebsrats gemeinsam in der Teeküche sind. Oder bei einer Konferenz sagt jemand: "Wenn Blicke töten könnten…", weil die Vetreter*innen zweier NGOs bei Beiträgen der anderen mit den Augen rollen, seufzen oder kurz auflachen. Oftmals ist den Beteiligten klar, dass das Sachthema zeitnah konstruktiv bearbeitet werden sollte, um eine weitere Eskalation auf der Beziehungsebene zu verhindern.
Vieles ist im virtuellen Raum grundlegend anders. Deshalb habe ich bei mir selbst und auch bei Kolleg*innen anfänglich großes Zögern erlebt, weil online schlicht vieles nicht so funktioniert wie in einem realen Raum. Da ruckelt das Bild, da hallt die Stimme, die Visualisierung ist nicht so einfach. Für die digital affinen Menschen unter uns ist das kein Problem: Eine Kollegin hat – schwupps! – eine zweite Kamera installiert, und alle können die handgeschriebenen Karten auf dem geteilten Bildschirm sehen. Ich hingegen weiß nicht einmal, wie ich eine Kamera an meinem Rechner installiert bekomme! Ein Kollege erzählte mir nebenbei, dass er seine Internetverbindung jetzt natürlich mal perfektioniert habe, damit das stabil machbar ist. Ich konnte nur bewundernd nicken…
Ohne diesen Virus wäre ich vermutlich nie auf die Idee gekommen, online Konfliktbearbeitung anzubieten. Wenn ich mit den Beteiligten in einem Raum sitze, so höre und sehe ich die Konfliktparteien nicht nur, sondern spüre sie auch. Und nicht zu unterschätzen: Sie spüren sich ebenfalls. Häufig erinnere ich mich bei Mediationen an den emotionalen Wendepunkt: Den Moment, in dem sich geradezu magisch die Atmosphäre im Raum verändert, die Beteiligten sich wieder füreinander öffnen und feststellen, dass nicht der*die andere das Problem ist, sondern sie schlicht gemeinsam gravierende Probleme haben. Mir fehlt offen gestanden auch heute noch die Fantasie, wie das bitte online gehen soll.
In einer Konfliktberatung begleite ich eine junge Mutter. Sie ist erschöpft – bei zwei kleinen Kindern und ihrer durchaus herausfordernden Berufstätigkeit kein Wunder. Sie ist jedoch auch zutiefst frustriert und resigniert: Wie in so vielen jungen Familien ist weder die Kinderbetreuung noch die Arbeit im Haushalt zwischen ihr und dem Vater der beiden Kinder gleich verteilt. Sie ist es, die nachts aufsteht, wenn irgendetwas ist, sie bleibt zu Hause, wenn eines der Kinder krank ist, der Vater war noch nie auf einem Elternabend in der Kita. So hatte sie sich das nun wirklich nicht vorgestellt. Und im Verlauf der Konfliktberatung wird deutlich: So hatte ihr Liebster sich das ebenso wenig vorgestellt. Sie hatten wie so viele werdende Eltern das Bild von gleichberechtigter Elternschaft.