Sascha Kilburg

Sascha Kilburg

… ist mit Kilburg Consulting selbstständig und als Coach, Teamentwickler und Mediator unterwegs. Menschen im Dialog zu begleiten, denen inner- und zwischenmenschlichen Herausforderungen bei der Bewältigung von beruflichen Aufgaben im Wege stehen, spiegelt sein Selbstverständnis wider. Er mag es, seine Arbeit einem kritischen Blick zu unterwerfen, Neues zu erlernen und Erlerntes zu teilen. Als Autor von Fachartikeln und E-Learning-Trainings beschäftigt er sich mit den Themen Kommunikation, Beratung und Mediation. In seinen 10 Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Hamburg lag sein Forschungsschwerpunkt auf der Vermittlung von Kommunikation und Beratung - digital wie analog.

In Folge 83 des Podcasts von und mit Sascha Weigel berichtet Alexander Redlich über seine langjährige Arbeit im Konfliktgebiet Moldawien-Transnistrien sowie in der Ukraine, in Belarus und Russland. Seine Arbeit wird gefördert über das Ost-West-Dialog-Programm des Deutsch-Akademischen Austauschdiensts, das die zivilgesellschaftliche Entwicklung in den Regionen stärken möchte. Neben den lokalen Akteur:innen vor Ort (z.B. Nichtregierungsorganisationen und Universitäten) waren und sind Angehörige der Universität Hamburg sowie Mitglieder von KoMeT e.V. aktiv an dem Projekt beteiligt.

Gut zwei Jahre sind vergangen, seit die Coronapandemie mich wie viele andere zwang, meine Arbeit ins Digitale zu verlegen. Aus Flipchart und Metaplanwand wurden digitale Moderationswände. Nach zwei Jahren fühlen sich diese für mich ebenso vertraut an wie die gute alte Metaplanwand.

Mit Corona und den damit einhergehenden Einschränkungen, sich persönlich zu treffen, starten Videokonferenzsysteme ihren Siegeszug.  Auch in der klassischen Beratung ersetzen synchrone Videokonferenzen die Arbeit von Angesicht zu Angesicht. Selbst wenn sie für viele keinen vollwertigen Ersatz bieten, so ermöglichen sie zumindest zum Teil, Mimik, Gestik und Körperhaltung mitzubekommen und so ein Gefühl für die Stimmungen im Raum zu entwickeln.

Wie in meinem Beitrag Online-Moderation in Zeiten von Corona vorgestellt, unterscheide ich drei Aufgaben einer Online-Beratung bzw. Moderation, die durch Online-Werkzeuge technisch unterstützt werden können:

  1. Die Kommunikation zwischen den Beteiligten
  2. Die Visualisierung von Inhalten
  3. Die Beteiligung der Teilnehmenden

Mit dem Ankommen der Corona-Krise in Deutschland, sind mir, ähnlich wie vielen meiner Kolleginnen, die Aufträge für das laufende Jahr weggebrochen. Innerhalb von vier Tagen hagelte es eine Absage nach der anderen. Nachdem der erste Schock überwunden ist, sortiert sich die Lage neu. Erste Aufträge für Online-Moderationen trudeln ein, auch wenn diese rein vom Umfang her weit davon entfernt sind, die weggebrochenen Aufträge zu ersetzen. Zugleich habe ich mich intensiv mit meinen Kolleginnen über die Situation ausgetauscht. Ein willkommener Anlass, hier im Blog eine kleine Zwischenbilanz zu ziehen.

Bei Mediationen in hierarchischen Strukturen stößt dieses Verfahren zuweilen an seine Grenzen. Stellt beispielsweise das Team die Führungskraft in Frage, sollte jede Intervention mit besonderer Bedacht gewählt werden - zuweilen keine einfache Herausforderung, wie ich kürzlich erfahren durfte.

Für Mediatoren ist die Antwort auf die Frage "Wer bestimmt, was in der Mediation zum Thema wird?" klar: Es sind die Konfliktparteien und nicht die Mediatoren. Nichtsdestotrotz lohnt ein näherer Blick. Auch wenn die Themen ausschließlich von den Konfliktparteien kommen und von ihnen auch zur Bearbeitung ausgewählt werden, so steuern wir Mediatoren doch mit. Doch wie genau entscheiden Mediatoren, was sie für ein geeignetes Thema für die Mediation halten?

Gerade bin ich wieder über einen der typischen Fallstricke gestolpert, die meine Arbeit als selbstständiger Coach und Mediator so mit sich bringt. Zu Beginn vieler meiner Aufträge steht eine Empfehlung. Manchmal über viele Ecken, so dass ich sie schwer oder nicht zurückverfolgen kann, manchmal von einer direkten Kollegin, einem Bekannten oder Verwandten. Dann gilt es zu klären und abzuwägen, ob ich selbst nicht befangen bin und die Klienten sich die Arbeit mit mir als Coach oder Mediator vorstellen können.

"Gut, dass Sie da sind. Ich will wirklich nichts mehr mit diesem Konflikt zu tun haben!", begrüßte mich ein Personalentwickler bei der Auftragsklärung. So nachvollziehbar der Wunsch ist, die Lösung eines Konfliktes an einen Mediator und die Konfliktbeteiligten zu delegieren, so entbindet er die Verantwortlichen nicht davon, den Prozess weiterhin zu begleiten. Als Mediator bin ich auf ihre Unterstützung angewiesen, ohne diese fehlt ein wichtiger Gelingensfaktor.

Ein typischer Moment meiner Arbeit: Irritiert halte ich kurz inne. Irgendetwas passt nicht so zusammen, wie ich es mir vorgestellt habe. Wenn es mir gelingt, versuche ich solchen Irritationen nachzuspüren. Denn oft verweisen sie auf kleine Stolperfallen meiner Arbeit. Das gelingt mir mal besser (siehe mein Beitrag zur Auftragsklärung), mal weniger gut.

Neulich erhielt ich eine Anfrage für die Moderation einer Veranstaltung. Auftraggeber war ein Kunde, für den ich bereits öfters gearbeitet hatte.

"Es war das Erbstück meiner Mutter, aber er hat nicht mal Danke gesagt".

 

Es kann ein teuflischer Pakt sein: Auf der einen Seiten ein Wohltäter, der großherzig, zugleich nicht immer selbstlos, Gutes tut. Auf der anderen Seite der Beschenkte und Nutznießer, der vielleicht nichts von seinem Glück ahnend ungefragt beschenkt wird. Mit jedem Akt der Schenkung wird ein weiterer Beziehungsstrang geknüpft. Meist bleibt im Dunklen, welche Konsequenzen aus der Schenkung folgen. Was empfindet und erwartet der Schenkende? Eine Gegenleistung? Dankbarkeit? Freude? Oder erfreut ihn allein seine eigene Großherzigkeit? Wie reagiert der Beschenkte? Freudig und dankbar für diese nette und großzügige Aufmerksamkeit, die Ausdruck und Wertschätzung der guten Beziehung ist? Oder schnürt es ihm die Kehle zu angesichts des ungewollten Geschenks und den damit einhergehenden Verpflichtungen?

Als Mediator und Ausbilder kenne ich die Problematik: Wie kommt man eigentlich an Konfliktfälle? Große Mediationsverbände fordern für die Anerkennung von Mediatoren in ihren Standards vier Mediationen. Wer sich ab dem 1. September 2017 "zertifizierte/r Mediator/in" nennen will, ist verpflichtet, bis spätestens zwei Jahre nach dem Zertifizierungszeitpunkt insgesamt fünf Fälle mediiert und in Supervision reflektiert zu haben. Für frisch gebackene MediatorInnen stellt diese scheinbar kleine Hürde einen realen Stolperstein dar, an dem nicht wenige scheitern.

Im Rahmen einer Weiterbildung eines Hamburger Mediatorennetzwerks warf Alexander Redlich unter dem Schlagwort „Entflechtung“ einen kritischen Blick auf das versteckte Versprechen der Mediation: Verbesserung und Wiederherstellung der Kooperationsfähigkeit zwischen den Konfliktparteien. Weisen viele Mediationsansätze eine Schlagseite auf, die über die Klärung von Interessen, Hintergründe und Wertvorstellungen die Wiederherstellung einer guten Beziehung verfolgt?

Das Telefon klingelt. Eine Arzthelferin meldet sich und schildert mir den Konflikt zwischen ihren Kolleginnen und den beiden Ärzten der Praxis. Hochproblematisch sei das Verhalten ihrer Chefs, vor allem das von Herrn Müller. Darunter hätten sie alle zu leiden. Sie hätten bereits mit Herrn Virchow, dem zweiten Arzt, gesprochen, der aber habe mit Unverständnis reagiert und wolle es sich mit seinem Kollegen wohl auch nicht verscherzen. Sie sei vom Team nun ausgewählt worden, um hier was zu unternehmen. Das Team sei bereit, konstruktiv mit den beiden zu sprechen, und man habe hier an eine Mediation gedacht, da Herr Müller so schwierig im Umgang sei.

Angeregt durch Mettes Text über die „nützlichen Missverständnisse, sind mir zwei Modelle eingefallen, die mir in meiner Arbeit hilfreich sind. In ihrem Beitrag beschäftigt sie sich mit der Frage: „Was bei Missverständnissen sonst noch gemeint sein könnte?“ Wenn ich selbst dieser Frage nachgehe, um dem Geheimnis eines Missverständnisses auf die Spur zu kommen, hilft mir ein weiteres Denkmodell.

Um ein zweites Mal auf Mettes Beitrag über die „nützlichen Missverständnisse zurückzukommen: Das zweite Modell, welches mir hier direkt in den Sinn kam, war natürlich das Kommunikationsquadrat von Friedemann Schulz von Thun - auch bekannt als Vier-Ohren-Modell. Es ist ein wunderbares Denkwerkzeug für die 'detektivische' Kommunikationsarbeit und hilft, Missverständnissen auf die Spur zu kommen. Jede Aussage kann ich mit vier Ohren empfangen und verstehen. Je nachdem, wie ich sie verstehe, werde ich unterschiedlich reagieren.

Herr Meyer platzt gleich zu Beginn einer Mediation heraus: „Themen sammeln? Wozu das denn jetzt? Ich hatte Ihnen doch schon vorab eine Themenliste geschickt. Darüber müssen wir heute sprechen!“

Diese Woche habe ich mit Kollegen an einem neuen Ausbildungscurriculum zur Mediation in Gruppen gearbeitet. Wir sammelten Methoden und Interventionen, die wir nutzen und im Rahmen von Weiterbildung vermitteln. Im Laufe des Prozesses hatte ich eine kleine Erkenntnis, die ich hier gerne teilen möchte. 

"Als Mediator darf nicht tätig werden, wer vor der Mediation in derselben Sache für eine Partei tätig gewesen ist. Der Mediator darf auch nicht während oder nach der Mediation für eine Partei in derselben Sache tätig werden." 

§3, Absatz 3, MediationsG

Klar und deutlich schreibt der Gesetzgeber hier vor, dass wir als Mediatoren in einem Streitfall nicht für nur eine Konfliktpartei tätig sein dürfen – weder davor, während, noch nach der Mediation. Die Allparteilichkeit wurde vom Gesetzgeber als hohes Gut der Mediation festgeschrieben. Diese Regelung gilt gleichermaßen für Kollegen, mit denen man berufliche direkt verbunden ist, wie beispielweise in einer Bürogemeinschaft.

"Ich bin nicht Mr. 150%. Ich mache die Dinge auf meine Art: Ausreichend sorgfältig und eben effizient!" Immer wieder bekomme ich diesen Satz von dem Unternehmensgründer Herrn Weinheim zu hören, nachdem sein Partner das Thema "Sorgfalt" angesprochen hatte. Es wirkt so, als müsse er mich davon überzeugen, als dürften auf gar keinen Fall Zweifel aufkommen. Er wiederholt sein Statement wie ein Mantra.

Sommer 2014 

Ein lauschiger Sommerabend, ein kleines Café im Herzen von Altona und drei Mediatoren mit einer fixen Idee: Ein Blog soll es werden. Ein Blog zum Thema Mediation. Wir, das sind Kirsten, Alischa und Sascha. Während uns eine leichte, erfrischende Hamburger Brise um die Ohren weht, überlegen wir, wie wir unserer Idee Leben einhauchen. Schnell wird uns klar, Spaß soll es machen – uns und anderen, neugierig sind wir, über den Tellerrand zu schauen, und Mitteilungsfreude bringen wir auch mit. Themen rund um die Mediation, die uns bewegen, sollen diesen Blog füllen. Reicht das, um ein solches Projekt zu starten? Schnell wird uns klar, dass da jede Menge Arbeit auf uns zukommt.